Verein zur Förderung der Erforschung des südostbayerischen Meteoritenkrater-Streufeldes e.V.

Chiemgau-Impakt: Der Tüttensee-Krater in der historischen Landkarte

In den Jahren 1817 – 1841 entstehen in Bayern die ersten handgezeichneten Positionsblätter 1 : 25 000, und damit beginnt die moderne Landesaufnahme Bayerns. Diese nahezu 1000 Positionsblätter sind die Vorlage für die Erstellung des „Topographischen Atlas vom Königreich Bayern 1:50 000“, der im Jahre 1867 komplett vorliegt.

Wir haben uns die Mühe, aber auch das Vergnügen bereitet, den Tüttensee-Krater und seine weitere Umgebung im Positionsblatt aus der ersten Hälfte des 19. Jh. hier einmal im Vergleich zur modernen topographischen Karte darzustellen und kurz zu kommentieren.

Abb. 1 zeigt das Positionsblatt, das von West nach Ost den Bereich zwischen Grabenstätt und Vachendorf überstreicht. Darunter gibt Abb. 2 denselben Blattausschnitt aus der modernen topographischen Aufnahme wieder (Quellen jeweils Bayerische Vermessungsverwaltung).

Chiemgau Impakt Tüttensee historischAbb. 1. Der Tüttensee-Krater und seine Umgebung im Positionsblatt aus der ersten Hälfte des 19. Jh. Zum Vergrößern anklicken!

Chiemgau Impakt Tttensee Topographie  heuteAbb. 2. Der Tüttensee-Krater und seine Umgebung in der modernen topographischen Karte. Zum Vergrößern anklicken!

Interessant im Vergleich der beiden Aufnahmen ist, wie sich z.T. die Namen in der Zwischenzeit verändert haben, darunter z.B. diese Ortsnamen:

Marbang – Marwang, Würgelham – Wörglham, Dinnerling – Tinnerting, Nundling (?) – Neuling, Mühbach – Mühlbach (wohingegen der Mühlbach unverändert auch früher so hieß).

„Einschlägig“ interessant ist die Namensverwandlung beim Tüttensee. So lesen wir, dass der Tüttensee damals den Namen „Tübinger See“ trug. Den Ursprung für diesen völlig anderen Namen kennen wir nicht, aber vielleicht kann eins unser Vereinsmitglieder im Forum etwas dazu sagen.

In Abb. 3 zeigen wir das nähere Umfeld des „Tübinger Sees“ im alten Positionsblatt. Wir haben diese Darstellung vor allem deswegen herausgegriffen,  um die früheren morphologischen Gegebenheiten noch einmal deutlich zu machen. Von lokalen Geologen (wir nennen hier wegen ihrer ausgewiesenen Gegnerschaft zum Chiemgau-Impakt insbesondere den Geologen Dr. Robert Huber von der Universität Bremen und Dr. Robert Darga vom Museum in Siegsdorf) wird immer wieder argumentiert, dass der Wall um den Tüttensee herum kein Ringwall eines Meteoritenkraters sein kann, weil die heute existierenden drei großem Lücken gegen einen Massenauswurf aus einem sich bildenden Krater sprechen würden. Was wir wiederholt dem entgegnet haben, dass nämlich die breiten Durchlässe erst der Mensch in jüngerer Zeit gemacht hat, vermittelt diese alte Karte noch einmal sehr deutlich:

Bis auf einen schmächtigen Wasserauslauf in einer offenbar schmalen Lücke am nordwestlichen Seeufer war seinerzeit der Kraterwall ringsherum ununterbrochen vorhanden.

Tüttensee historische Karte Topographie RingwallAbb. 3. Der Tüttensee-Krater in der alten Darstellung des topographischen Positionsblattes. Die heute existierenden drei breiten Öffnungen hat viel später der Mensch geschaffen. Vor über 150 Jahren gab es nur einen schmächtigen Wasserdurchlass im Nordwesten.

Selbst diese bescheidene Lücke ist bei den gegebenen geologischen Verhältnissen mit dem Szenario eines Meteoriteneinschlages und dem Kraterauswurf absolut verträglich. Wie wir immer betont haben, zuletzt im Zusammenhang mit der unsäglichen, unsinnig platzierten Bohrung des LfU am Tüttensee mit der nichtssagenden Radiokarbon-Datierung, muss man sich einen Auswurf völlig lockerer, wassergesättigter Massen vorstellen, von denen ein erheblicher Teil wieder in das Kraterloch zurückfloss. Dass dabei ganz lokal eine kleine Schwächestelle in der Struktur des noch verbliebenen Walls entstand, ist da nicht im geringsten überraschend. Diese Schwächestelle konnten bereits die kurz nach der Tüttensee-Kraterentstehung über das Areal hinwegfegenden Riesenwellen des Tsunamis aus dem Chiemsee geöffnet haben; aber auch spätere langsamere Erosion an dieser Stelle ist vorstellbar.

Im Hinblick auf die Argumentation, die in unwissenschaftlicher Manier bekannte Sachverhalte verschweigt und die auch im Buch zum Chiemseegletscher von Dr. Darga nachzulesen ist, konstatieren wir einmal mehr, dass es in der Region geologische Belange gibt, bei denen wir Dr. Darga eine Inkompetenz attestieren müssen.