Verein zur Förderung der Erforschung des südostbayerischen Meteoritenkrater-Streufeldes e.V.

2020 Forschungen zum Chiemgau-Impakt

Liebe Vereinsmitglieder und Freunde unserer Chiemgau-Impaktforschung,

vieles lief in diesem Jahr anders ab als gewohnt, aber eine Konstante gab es: Forschung zum Chiemgau Impakt. 

Auch wenn Mitgliederversammlung und Jahresvortrag leider ausfallen mussten, und das Impakt-Museum in Grabenstätt den Corona-bedingten Beschränkungen unterliegt, wollen wir weiterhin alle Interessenten an unseren Aktivitäten und Ergebnissen teilhaben lassen. Dementsprechend entstand gleich im Frühjahr ein virtuelles Museum: https://museum.chiemgau-impakt.de/. Viele detailreiche Fotos ermöglichen Ihnen überraschende und aufschlussreiche Einblicke in die „Vitrinen“. Schauen Sie sich um!

Digitales Geländemodell über Schwerekarte der Gravimetrie
Eglsee-Krater und Barringer-Krater

Der Eglsee-Krater. Oben: Die Topographie des Digitalen Geländemodells und die Karte der Gravimetrie passen hervorragend zueinander. Darunter: Verblüffend ähnlich! Vom Beitrag auf der Tagung der virtuellen AGU -Tagung in San Francisco.

Riederting Krater Chiemgau-Impakt

Unweit des Eglsee-Kraters: der unlängst entdeckte und untersuchte Riederting-Krater mit einem äußeren Durchmesser von ca. 250 m und nahezu identischer Form wie der Bergham-Krater. Der flache, multiple und im Inneren eindrucksvoll kreisförmige Krater trägt zusammen mit den Bodenradar-Messungen zu den neuen Überlegungen zu den Massenbewegungen und der Kraterbildung beim Chiemgau-Impakt bei. Vom Beitrag auf der AGU-Tagung.

Noch im Sommer 2019 hatten wir sowohl im Großraum Eglsee und Nußdorf als auch im Großraum Regensburg mit dem Georadar-Messgerät (https://museum.chiemgau-impakt.de/das-geophysikalische-bodenradar) viele Kilometer zurückgelegt. Das dabei gewonnene umfangreiche Datenmaterial wurde nun in diesem Jahr ausgewertet und erbrachte überwältigende Ergebnisse: Die Eglsee-Struktur kann mit Fug und Recht als Impakt-Krater angesprochen werden und braucht den Vergleich mit dem berühmten Barringer-Krater in Arizona nicht zu scheuen. Mit ca. 1,3 km Durchmesser übertrifft er den Barringer-Krater sogar noch ein wenig an Größe (https://museum.chiemgau-impakt.de/der-eglsee-krater). Die komplexen Strukturen, die im Untergrund erkennbar sind und mit den Massenbewegungen bei einem Impakt zu erklären sind,  spornen zu weiteren Untersuchungen an. Auch an kleineren Krater, wie z. B. dem Krater 004 bei Emmerting  und dem Halbkrater bei Aiching (Marktl) (https://www.chiemgau-impakt.de/2017/04/18/meteoritenkrater-impakt-zum-anfassen/) , ermöglichte das Georadar neue Erkenntnisse über die Massenbewegungen und verschiedenen Stadien bei der Ausformung eines Kraters.

Bodenradar Aiching-Halbkrater Chiemgau-Impakt

Bodenradar-Profil im Inntal über der eingeebneten Hälfte des Aiching-Halbkraters. Komplexe Krater-Entstehung mit einem Zentralberg aus einem „Kamel-Höcker“ über einem „Dromedar-Höcker“ Ein solcher Einschlagkrater dieser Größenordnung ist bisher noch nie beschrieben worden. Vom Beitrag auf der AGU-Tagung.

Im Großraum Regensburg wurde eine uns schon lange bekannte, mit Schmelzgestein bedeckte Anhöhe im Großraum Regensburg mit dem Georadar begangen und darüber hinaus mineralogisch untersucht. Die Ergebnisse lassen sich nur durch einen sog. Airburst (https://museum.chiemgau-impakt.de/airburst) erklären, die äußerst energiereiche Explosion eines Himmelskörpers in der Atmosphäre. Der Zustand der Verglasungen deutet darauf hin, dass dieses Ereignis relativ jungen Datums sein muss. Ein Zusammenhang mit dem Chiemgau Impakt, in dessen Trajektorie das betroffene Gebiet liegt, muss in Betracht gezogen werden.

Wir haben wiederholt über einen 8 kg schweren, silbrig-glänzenden Brocken (https://museum.chiemgau-impakt.de/8-kg-eisensilizide) berichtet, der vor Jahrzehnten nahe des Tüttensees geborgen und uns in den vergangenen Jahren zeitweise zur Untersuchung überlassen worden war.   Auch in diesem Jahr haben Dr. Hiltl von Carl Zeiss, Oberkochen, und Dr. Bauer von Oxford Instruments, Wiesbaden, mit ihren High-Tech-Instrumenten (SEM, TEM, Raman spectroscopy)  die mineralogische Detailuntersuchung dieses Eisensilizidbrockens fortgeführt. Seine Zusammensetzung passt mit den Eisensiliziden zusammen, die im Streufeld an verschiedenen Stellen gefunden worden sind (https://museum.chiemgau-impakt.de/impakt-kriterien-meteoriten-bruchstuecke-2), und deutet auf ein gemeinsames Ursprungsobjekt hin. Neben den bisher geläufigen Stein-, Eisen- und Stein-Eisen-Meteoriten gibt es offensichtlich eine weitere, neue Meteoritenkategorie, nämlich die der Eisensilizidmeteorite.

Eisensilizide - neue Klasse von Meteoriten

Eine neue Klasse von Meteoriten im Chiemgau-Impaktstreufeld: Eisensilizide mit seltenen Mineralen und Schockeffekten. Von einem Beitrag auf der virtuellen Mineralogen-Tagung 2020 in Syktyvkar (Russland).

Einem erstmals im Chiemgau neu entdeckten Impaktgestein (Impaktit) hatten wir 2012 den Namen Chiemit gegeben. Dieses Impaktit ist durch Schock-Inkohlung von Vegetation (Holz, Torf) unter hohen Temperaturen (bis zu 4000° C) und hohem Druck (bis zu mehreren GPa) entstanden (https://www.chiemgau-impakt.de/2018/12/31/chiemgau-impakt-neuer-umfangreicher-artikel-zum-chiemit-im-druck-erschienen/). In der Zwischenzeit wurde Chiemit auch im Zusammenhang mit dem Saarland-Impakt (http://saarland-impakt.de/2020/01/22/der-chiemit-vom-saarland-nalbach-impakt/) und dem Pardubice-Impakt in Tschechien gefunden, darunter Stücke, die brekzienartig mit Kalk- bzw. Sandstein verbunden sind. Untersuchungen durch Dr. Shumilova vom Diamant-Labor der Russischen Akademie der Wissenschaften haben die Vergleichbarkeit der Proben aus allen drei Gebieten bestätigt und untermauern die Entstehung von Chiemit im Zusammenhang mit Impakten.

Chiemit, neues Impaktgestein vom Chiemgau-, Saarland- und vom tschechischen Impakt

Das bisher unbekannte Impakt-Gestein (Impaktit) Chiemit aus über 90% Kohlenstoff mit Diamant und Carbinen. Gefunden im Chiemgau, in Tschechien und im Saarland zusammen mit impakt-typisch beanspruchten Gesteinen Gläsern und starken Schockeffekten.Von einem weiteren Beitrag auf der virtuellen Mineralogen-Tagung 2020 in Syktyvkar (Russland).

Auch mit einem anderen neuen Impaktit, dem „artifact-in-impactite“, haben wir uns erneut beschäftigt. Einige Funde aus einer Ausgrabung (2009/2010) in Stöttham hatten sich als durch den Impakt erzeugtes Gestein herausgestellt (https://museum.chiemgau-impakt.de/die-stoettham-ueberraschung), in dem sowohl Reste menschlicher Artefakte als auch impakt-geschockte Steine enthalten sind. Weitere Untersuchungen bestätigten diese Kategorisierung. Gleichzeitig ermöglichen uns die Artefakt-Komponenten, den Chiemgau Impakt auf ca. 900-600 v. Chr. zu datieren.

Artefakte in stark geschockten Impakt-Brekzien (Suevit)

Weltweite Neuheit von der archäologischen Ausgrabung in Chieming-Stöttham: Artefakt-Reste aus Metall und Keramik in einer hochgeschockten Impakt-Brekzie. Von einem dritten Beitrag auf der virtuellen Mineralogen-Tagung 2020 in Syktyvkar (Russland).

Für diejenigen, die tiefer in die wissenschaftlichen Hintergründe einsteigen möchten, haben wir die Publikationsliste aktualisiert https://www.chiemgau-impakt.de/publikationen/  und mit Links auf die entsprechenden Abstracts, Poster und Aufsätze versehen. Dort finden Sie auch die insgesamt 7 Beiträge, mit denen wir dieses Jahr auf folgenden internationalen Konferenzen präsent waren: 51th Lunar and Planetary Science Conference Houston/USA; 11th Planetary Crater Consortium, Hawaii/USA; Modern Problems of Theoretical, Experimental, and Applied Mineralogy, Syktyvkar/Russland; American Geophysical Union Fall Meeting, San Francisco/USA. 

Diesen Zusammenfassung werden wir die nächsten Tage auch bebildert auf unserer Vereinsseite https://verein.chiemgau-impakt.de bereitstellen.

Die Vorstandschaft möchte sich ganz herzlich für Eure Unterstützung bedanken. Ausgerechnet in einem solchen für alle schwierigem Jahr, ist es wichtig den Verein am Leben zu halten.

Wir wünschen Euch ein gesegnetes Weihnachtsfest, sowie einen guten Rutsch ins neue Jahr 2021. 

Bleibt gesund !!!

Sepp Konhäuser
    Vorstand